Führen im Tandem

Co-Leadership bei der Sparkasse KölnBonn am Beispiel von Dr. Katrin Preiß und Patricia Holzborn

Die Sparkasse KölnBonn arbeitete lange darauf hin, der Vorstand schaffte die Rahmenbedingungen dafür, und seit einiger Zeit wird es genutzt: das Top Sharing als innovatives Modell der Arbeitszeitflexibilisierung für Führungskarrieren in Teilzeit. Dahinter steht die Idee, die Verantwortung für die jeweilige Führungsposition auf Augenhöhe zu teilen. Dabei werden nicht die Aufgaben untereinander aufgeteilt, sondern nach dem Motto „Eine(r) für Beide und Beide für Eine(n)“ verantwortet das Führungstandem gemeinsam den Erfolg. Daher gibt es auch eine gemeinsame Zielvereinbarung für das Tandem.

Ein Beispiel, wie gut das funktionieren kann, liefern Patricia Holzborn (PH) und Dr. Katrin Preiß (KP). Sie führen seit Mitte 2019 gemeinsam das Team „Bankenaufsichtliches Meldewesen“ in der Sparkasse KölnBonn. Beide Frauen haben ihre Arbeitszeit auf ein Teilzeitmodell umgestellt; sie haben jeweils zwei Söhne im Alter zwischen einem und acht Jahren. Gerne haben sie sich die Zeit genommen, uns Einblicke in den spannenden Alltag eines Führungstandems zu geben:

Wie haben Sie sich als Führungstandem gefunden?

KP: Die initiale Idee des Top Sharings hatte unsere Chefin. Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes war Patricia für circa anderthalb Jahre in der Elternzeit, in der ich dann die Teamleitung übernommen hatte. Als sich die Elternzeit dem Ende näherte, war die Frage, wie es mit der Teamführung weitergeht. Dank unserer Chefin, unserer Personalabteilung und nicht zuletzt unserem Vorstand hatten wir das Glück, dass wir im Anschluss an Patricias Rückkehr (zunächst in einem Pilotprojekt) als Führungstandem gemeinsam weitermachen konnten.

Wie groß ist Ihr Team?

PH: Unser Team besteht aus aktuell dreizehn Mitarbeiter:innen.

Wie hat Ihr Team auf zwei Leitungskräfte reagiert?

PH: Unser Team stand der Idee von Anfang an sehr aufgeschlossen gegenüber. Natürlich gab es anfänglich viele Fragen: „Wer ist jetzt für mich zuständig? Wer führt mit mir die Gespräche? Wer genehmigt mir den Urlaub? Wen frage ich zu fachlichen Punkten? …“ Das alles waren wichtige Fragen, über die wir uns natürlich im Vorfeld Gedanken gemacht haben. Aber im Alltag musste sich der ein oder andere Punkt dann doch erst entwickeln. Wir haben zu Beginn alle Bedenken und Erwartungen in einem gemeinsamen Workshop mit dem Team aufgenommen und von Zeit zu Zeit die Punkte reflektiert. Das hat eine gute Basis geschaffen. Auch wenn nicht immer alles reibungslos abläuft, würde ich sagen, dass wir doch die größten Klippen umschiffen konnten, ohne Schiffbruch zu erleiden.

Dr. Katrin Preiß (links) und Patricia Holzborn während eines Meetings

Was muss aus Ihrer Sicht vorab geklärt werden, damit ein Führungsduo erfolgreich sein kann?

KP: Ich denke, wichtig ist, dass einerseits unser Führungsverständnis auf sehr ähnlichen Werten beruht. Am Anfang unserer Zusammenarbeit haben wir uns – begleitet durch ein Coaching – unabhängig voneinander mit unseren eigenen jeweiligen Werten befasst. In weiten Teilen lagen wir hier sehr nah beieinander. Ich kann mir vorstellen, dass bei stark gegensätzlichen Werten ein gemeinsamer Weg schwierig wird. Andererseits sind sicherlich ein paar grundlegende Spielregeln, insbesondere was die Kommunikation angeht, zwingend notwendig.

Haben Sie bestimmte Teamformate entwickelt/kreiert, damit alle aus dem Team auf demselben Informationsstand sind?

PH: Wir haben ein monatliches Team-Jourfixe, an dem wir beide und das komplette Team teilnehmen. Darüber hinaus tauschen wir beide uns regelmäßig aus. In der Regel telefonieren wir täglich oder treffen uns persönlich im Büro. Wir versuchen uns gegenseitig immer auf dem neusten Stand zu halten, um auch die Themen gegenüber dem Team „einheitlich“ kommunizieren zu können.

Wie gestaltet sich eine typische Arbeitswoche bei Ihnen?

KP: Wir arbeiten im Stab und sind nicht an Öffnungs- oder Servicezeiten gebunden. Daher können wir grundsätzlich von den Arbeitszeiten sehr flexibel agieren und müssen uns nicht in „Schichten“ aufteilen oder sicherstellen, dass z. B. zwischen 8:00 Uhr und 17:00 Uhr eine von uns anwesend ist. Da jede von uns zwei Kinder zu Hause hat, arbeiten wir beide in der Regel bis zum Nachmittag.

Corona-bedingt haben wir die vergangenen Wochen überwiegend das mobile Office genutzt. Zum Glück ändert sich das gerade wieder und wir sind in der Regel wöchentlich drei Tage im Büro. Unsere Bürotage können sich überschneiden, müssen es aber nicht.

Wie kommunizieren Sie miteinander?

PH: Vor Corona haben wir zusammen in einem Büro gesessen, wodurch der Austausch sehr leicht war, viele Dinge hat man durch Telefonate/Gespräche direkt mitbekommen. Wenn wir beide von zu Hause aus arbeiten, tauschen wir uns in der Regel telefonisch aus. Bei kurzen Informationen oder Fragen geht das auch gut per Mail. Bei größeren Themen (z. B. Beurteilungen, Vorbereitung von Workshops) stellen wir uns gegenseitig Termine ein.

Gibt es Hindernisse / Stolperfallen?

KP: Aus meiner Sicht ist der Schlüssel zum Erfolg dieses Modells eine offene und transparente Kommunikation sowohl untereinander als auch mit unserer Vorgesetzten und gegenüber dem Team. Man sollte sich vorher untereinander abstimmen, wie grundlegende/organisatorische Dinge (z. B. Urlaub, Gleittage, Kriterien bei Beurteilungen, fachliche und verhaltensbezogene Erwartungen an die Mitarbeitenden) gehandhabt werden, um möglichst einheitlich zu führen.

Aus meiner Sicht ist der Schlüssel zum Erfolg dieses Modells eine offene und transparente Kommunikation sowohl untereinander als auch mit unserer Vorgesetzten und gegenüber dem Team.

Dr. Katrin Preiß


Für welche Rahmenbedingungen muss aus Ihrer Sicht die Sparkasse als Arbeitgeberin sorgen? Muss sie es überhaupt?

PH: Bei allen Vorteilen des Top Sharings entsteht schon ein höherer Koordinations- und Abstimmungsbedarf. Daher wurden bei der Sparkasse KölnBonn für unser Modell 0,2 MAK zusätzlich bereitgestellt – die ursprüngliche Vollzeitstelle konnte so mit 1,2 MAK besetzt werden. Die MAK-Erhöhung ist jedoch an das Modell geknüpft. Ein Vorstandsbeschluss aus 2021 sieht nun vor, dass der Ausbau weiterer Sharing Modelle im Haus in die Zuständigkeit des jeweiligen Vorstandsmitglieds fällt, der dann auch über die mögliche MAK-Erhöhung entscheidet. Dies gilt übrigens auch für Sharing Modelle im Rahmen einer Fachkarriere. So gab unser Modell die Vorlage für ein Job Sharing im Firmenkundenbereich und hier im Topsegment. Dort verantworten seit einem Jahr zwei Unternehmenskundenberaterinnen gemeinsam und erfolgreich einen Platz bzw. ein Profitcenter.

KP: Ansonsten sind aus unserer Sicht besondere Rahmenbedingungen nicht zwingend notwendig. Eine anfängliche Begleitung der Personalabteilung im Rahmen eines Coachings haben wir als sehr hilfreich empfunden. Darüber hinaus gibt es technisch einige Stolpersteine, da das Finanz Informatik-System nur auf eine Person als Führung ausgelegt ist, so war es z. B. zunächst im Intranet nicht möglich, zwei Personen als Teamleitung einzustellen, Beurteilungen sind nur für diejenige sichtbar, die sie erstellt hat. Diese Punkte sind aus unserer Sicht aber nicht wirklich gravierend und eher Kleinigkeiten. Wenn sich das Modell des Top Sharings in der Sparkassen-Organisation weiterverbreitet, wäre hier eine Weiterentwicklung aber auch wünschenswert.

Wie reagieren Führungskolleginnen und -kollegen auf Sie?

KP: Die von uns wahrgenommenen Reaktionen sind durchweg positiv und interessiert. Auf der anderen Seite bekommen wir auch mit, dass es durchaus auch größere Bedenken gegen das Modell gibt, wenn es etwa darum geht, auch an anderen Stellen im Haus das Modell einzuführen. Ich bin davon überzeugt, dass das Top Sharing einen Gewinn für alle Seiten bringt. Daher stehen wir jederzeit gerne für einen Austausch zur Verfügung und hoffen auch im Rahmen dieses Interviews die Begeisterung fürs Top Sharing in die Sparkassen-Finanzgruppe tragen zu können.

Gestaltet sich Ihr Co-Leadership anders als erwartet?

PH: Nein. Als der Vorschlag unserer Chefin kam, standen wir beide der Idee sehr aufgeschlossen gegenüber. Tatsächlich hatte ich vorher eigentlich keine Bedenken, sondern habe es als Chance gesehen, die Teamleitung auch nach meiner Rückkehr aus der Elternzeit weiterhin in Teilzeit übernehmen zu können und die Arbeitslast auf zwei Köpfe zu verteilen.

Durch Modelle wie das Führen im Tandem wird die Arbeitgeberattraktivität erhöht. Daher sollte diese Führungsform auch künftig mehr Platz in den Unternehmen finden.

Patricia Holzborn


Warum lohnt es sich, im Tandem zu führen? Warum sollte diese Führungsform mehr Platz finden? Welchen Vorteil bietet sie auch für den Arbeitgeber?

KP: Das Führen im Tandem ist sowohl fachlich als auch persönlich eine Bereicherung: Jede von uns bringt ein anderes Wissen und andere Erfahrungen mit ein. So können wir insgesamt zu zweit ein breiteres Aufgabenspektrum abdecken – zwei Köpfe wissen und können nun mal mehr als einer. Wir haben bei schwierigen Themen immer eine Sparringspartnerin auf gleicher Ebene und sind dadurch leistungsfähiger. Bei Abwesenheiten ist sichergestellt, dass Team, Kolleg:innen und Führungskräfte immer eine kompetente Ansprechpartnerin haben und die Aufgaben erledigt werden. So ist ein angenehmer Nebeneffekt, dass diejenige, die aus dem Urlaub kommt, einen aufgeräumten Postkorb vorfindet und keine Themen liegen geblieben sind.

PH: Durch Modelle wie das Führen im Tandem wird die Arbeitgeberattraktivität erhöht. Daher sollte diese Führungsform auch künftig mehr Platz in den Unternehmen finden. Unser neuer Gleichstellungsplan 2022 bis 2025 stellt dazu die Weichen. So wurde zum Ausbau von Führung in Teilzeit ein zu erreichender Zielwert verbindlich festgelegt. Flexible Arbeitszeitmodelle sind zunehmend gefragt. Viele Mitarbeiter:innen möchten auch in Teilzeit weiterhin einer anspruchsvollen Tätigkeit nachgehen können. Es ist auch im Interesse der Unternehmen, sehr gut ausgebildete und entsprechend bezahlte Mitarbeitende in Teilzeit weiterhin gemäß ihren Fähigkeiten einzusetzen – in Zeiten des Fachkräftemangels sind diese Teilzeitkräfte ein Asset, das genutzt werden muss!

Vielen Dank an Patricia Holzborn und Dr. Katrin Preiß für den ehrlichen und spannenden Einblick in ihr Führungstandem.

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Über die Autorinnen:

Ina Begale (IB, rechts) leitet den Fachbereich „Personalwirtschaftliche Grundsatzfragen“ des RSGV. „Die berufliche Förderung von Frauen ist eines der wesentlichen strategischen Personalthemen“, ist sie fest überzeugt. In Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels auch in Sparkassen kann und darf auf die weibliche Ressource nicht verzichtet werden.

Margareta Rieck (MR, links) ist die Gleichstellungsbeauftragte des RSGV. Frauen beruflich zu fördern, ist eine ihrer Aufgaben. Zudem arbeitet sie für die externe Kommunikation des RSGV; mithilfe des Blogs kann sie zwei ihrer beruflichen Leidenschaften leben: sich für die Gleichberechtigung von Frauen einzusetzen und zu schreiben.

Theresa Jöris (TJ, links) arbeitet in der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im RSGV. Sie betreut unter anderem den Schülerzeitungswettbewerb des RSGV und übernimmt Aufgaben in der internen und externen Kommunikation. Frauen auf ihren Wegen zu unterstützen und sie präsenter zu machen, ist ihr ein großes Anliegen. 

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